Title |
Geschichte
der menschlichen Narrheit, oder Lebensbeschreibungen berühmter
Schwarzkünstler, Goldmacher, Teufelsbanner, Zeichen- und Liniendeuter,
Schwärmer, Wahrsager, und anderer philosophischer Unholden. |
Author |
Johann
Christoph Adelung |
Publisher |
Weygand,
1785 |
Original from |
Oxford
University |
Digitized |
7
Feb 2008 |
Length |
347 pages. |
Hieronder de volledige digitale Google
transscriptie gecorrigeeerd door Francis Franck |
Cornelius van Drebbel, ein Charlatan *).
Drebbel der Vorläufer und das Muster des im vorigen Bande
beschriebenen Becher, dem er an Fähigkeiten und Charakter so ähnlich war, war
1572 zu Alkmaer in Holland gebohren, wo sein Vater, wie es scheinet, ein
Landmann war, daher man unsern Cornelius nachmahls nur den Holländischen Bauer
zu nennen pflegte. Da es indessen in Holland nichts ungewöhnliches ist, daß
Landbesitzer zugleich Handlung treiben, und damit ein großes Vermögen erwerben,
so muß auch sein Vater in diesem Falle gewesen seyn, wenn es anders gegründet
ist, daß unser Cornelius ein Vermögen von zwey Millionen Holländischer Gulden
besessen hat. Alsdann würde es auch nicht unwahrscheinlich seyn, daß, wie von
einigen versichert wird, sein Bruder ein Deputirter der General-Staaten im Haag
gewesen. Indessen scheint mir Drebbels unstätes Leben, wobey er sich immer von
den Höfen unterhalten ließ, mit dem ihm beygelegten Vermögen nicht überein
zustimmen.
*) Obgleich
mehrere Schriftsteller seiner gedenken, z. B. Swertius in Athenis Belgicis,
Bentheim, im Holländischen Kirchen - und Schulen Staat, Eloy im Dictionn. de la
Médec, so sind ihre Nachrichten doch insgesammt sehr kurz, und unvollständig.
Etwas mehr hat von ihm der mir unbekannte Verfasser ter Beyträge zu dem
Weltlaufe der Gelehrten, obgleich sehr unordentlich und in einer weitschweisigen
Schreibart.
Von seiner Erziehung ist mir weiter
nichts bekannt geworden, als daß er sich in seiner Jugend bey dem berühmten
Hubert Goltzius aufgehalten, dem die Römischen Münzen und Alterthümer so viele Aufklärung
zu danken haben. Daß er, wie von einigen versichert wird, dessen Bedienter
gewesen, würde wegen des Vermögens, und Standes seiner Familie nicht
wahrscheinlich seyn, wenn beyde so ansehnlich gewesen, als seine Bewunderer
vorgeben. Es ist unbekannt, ob er jemahls ordentlich studieret gehabt, und
sowohl aus seinen wenigen Schriften, als aus seinen Marktschreyereyen erhellet,
daß seine Kenntnisse sehr seicht und flüchtig waren. Er befliß sich vornehmlich
der Mathematik und Chymie, war aber dabey mehr um das Abenteuerliche, Blendende
und Sonderbare in beyden Wissenschaften bemühet, als um das Wahre und
Gründliche, dessen Mangel er durch Wind und Prahlereyen zu ersetzen suchte.
Floy sagt, daß er sich auch in der Medicin berühmt gemacht habe, wovon ich doch
bey andern keine Spur finde. So viel ist gewiß, daß er seine mathematischen,
und physischen Marktschreyereyen in Holland sehr frühe anfing, und besonders
viel Aufhebens von einem Perpetuum Mobile machte, welches er erfunden haben
wollte, und welches, wie aus dem folgenden erhellet, ganz von Becherscher Art
war, folglich diesen Nahmen so wenig verdiente, als es eines gründlichen
Mathematikers würdig war. In Holland, wo der Geist der Handlung nur auf das
Gründliche und Nützliche siehet, lernte man ihn bald für den erkennen, der er
wirklich war, und nannte ihn nur den Alkmaerschen Windmacher, daher er sich ein
gefälligeres Publicum für seine Charlatanerie aussuchte.
Er hatte Hubert Goltzens Schwester
geheirathet, und begab sich mit derselben nach London, wo Jacob I, ein eben so
seichter Gelehrter als schlechter Regent, den Thron bestiegen hatte, der sich
von Goldmachern und physchen Taschenspielern immer zum Besten haben ließ. Aus
den Umstanden erhellet, daß solches bald nach dem Antritte der Regierung dieses
Königes, folglich bald nach 1622 geschehen ist. - Er pries sich und seine
Erfindungen dem Könige in einem Schreiben*) an, welches ich ganz hersetzen
will, damit man den Windbeutel auf einmahl übersehe. Es lautet in der
Uebersetzung folgender Gestalt:
*) Es ist seiner Schrift von den Elementen beygefühet,
war in Holländischer Sprache abgefaßt, und wurde nachmahls von dem Petrus
Laurembercg in das lateinische übersetzt. Die meisten Schriftsteller seines
lebens setzen dieses Schreiben in das Jahr 1620. Allein da dasselbe sich schon
in der Hollandischen Ausgabe der Schrift von den Elementen von 1608 befindet,
auch mit einem Schreiben Gerhard Peter Schagens, vom December 1607 begeleitet
ist, worin er dieses Schreibens schon gedenket, so erhellet daraus, daß es bey
seiner ersten Ankunft in England abgefasset seyn muß. Es ist auch ganz in dem
Tone eines Menschen geschrieben, der sich seinem Gönner zum ersten mahle
darstellet.
„Das Vergnügen, welches ich bey Erforschung der Natur und
ihrer Elemente empfunden habe, läßt mich nicht schweigen, sondern nöthiget mich
an Eu. Majestät zu schreiben, zumahl da ich viele neue und unglaubliche Wunder
entdeckt habe, worin sich Gott durch die Natur dieser Dinge die er zu seiner
Ertenntniß und zu seiem Lobe geschaffen, uns Menschen offenbaret hat. Denn was
kann uns näher zu Gott führen, und uns mehr zu einem heiligen Leben anfrischen,
als die Betrachtung solcher Dinge, worin der Finger Gottes seine große Weisheit
zeiget? Wir haben daher nicht wenig Ursach, für dieses geoffenbarte göttliche
Wort Gott zu danken, und uns zu bestreben, daß wir dasselbe im Gedächtnisse
behalten, indem es uns nicht allein zu einem kindlichen Dankte anweiset,
sondern auch in die Natur führet. Warum lernen wir nicht aus allen Dingen der
Natur die göttliche Einheit kennen, und danken ihm für seine große Weisheit? Da
wir nicht begreifen können, was wir sind, woher wir sind, woher unser Sehen,
Hören, Fühlen u. s. f. kommt, wie können wir denn begreifen, was Gott ist, und
wie können wir ihn lieben und ehren, da wir ihn nicht anders als durch die
Ertenntniß der Dinge können sehen und begreifen lernen? Wir können also daraus
schliessen daß es Gottes Wille und uns nützlich ist, wenn
wir die Natur aller Dinge ergründen, und daraus Gott und uns selbst erkennen
lernen."
„Aus diesen Ursachen, Allergnädigster König , habe auch
ich mir vor einigen Jahren mit allem Eifer vorgenommen, die Natur der Dinge zu
erforschen. Damit ich aber unsere Fähigkeiten recht erkennen möchte, so habe
ich Mich zu der menschlichen Natur gewandt, und bin gewahr geworden, das eben
das in mir ist, was in andern geliebt und gehasset wird. Da ich endlich lernte,
was unser offenbar thörichter Wille, unser Unvermögen, unsere blinde
Empfindung, und unser fröhliches und trauriges Leben ist, so schloß ich daraus,
daß bloß der Unverstand die Ursache des so verschiedenen Willens, Urtheilens
und Lebens der Menschen ist. Ich fand aber auch, daß der Schöpfer dessen
ungeachtet göttliche Gaben in uns gelegt, und als Vater der Natur in allen
seinen Werten eine natürliche Weisheit gezeiget hat, wodurch ich denn
angefeuert worden der Ursache der ewigen Bewegung nach- zuforschen, weil ich
überzeuget wurde, daß dieß das erste Wert Gottes, und der Anfang zur Erkenntniß
der Natur ist."
„Ob ich nun gleich der Sache lange und mit allem Fleisse
nachdachte, so konnte ich doch lange Zeit, so wenig als andere vor mir, etwas
Ersprießliches in dieser Sache ausfindig machen, daher ich endlich alle
Hoffnung der Erfindung aufgab, indem selbst die Natur mich
überzeugte, daß die Erforschung derselben unmöglich ist. Aber, nachdem ich
endlich überlegte, daß alle Dinge aus den Elementen geschaffen sind, und noch
aus ihnen ernähret und erhalten werden, und daß diese Zeugen von der einigen
und unvergänglichen Gottheit, von der unbegreiflichen Höhe und unergründeten
Tiefe des unendlichen Wesens, von dem schwachen Lichte und dem betrübten
Schatten, ja von allen Wundern der ganzen Welt sind, so untersuchte ich diese,
und fand nunmehr sehr bald, daß meine Mühe nicht vergebens war, und daß sie die
wahren Thüren sind, durch welche man zu der Erkenntniß gelanget."
„Ich machte mich zu dem Ende mit allem Eifer an die Natur
des Wassers, und trieb es, um es aus seiner Natur zu setzen, durch verschiedene
Fässer und Röhren in die Höhe; allein es war alles vergebens, es blieb das alte
Wasser, und wollte kein Haarbreit steigen. Denn es lief seiner Natur nach
allezeit abwärts, daher ich zu Verschiedenen Mahlen Springbrunnen machte, worin
das Wasser, nachdem es einige Zeit abwärts gefallen war, wieder 20 und mehr
Schuhe hoch in die Höhe sprang. Allein diese Bewegung hatte bald ein Ende, und
konnte nicht eher wieder erneuert werden, als bis ich durch den Fall ein neues
Steigen hervor brachte. Meine Hoffnung verschwand nun zum zweyten Mahle, und
ich ward wieder fest überzeugt, daß die Erfindung des Primi Mobilis etwas
Unmögliches sey. Ich untersuchte demnach mit allem Fleisse die Ursache, warum
sich das Wasser jederzeit abwärts bewege, und kam endlich auf die verborgene
Ursach und Wirkung des Feuers, welches mir denn eine ausserordentliche Freude
verursachte, denn nunmehr lernte ich auch die Ursache meines langen
Aufenthaltes kennen, und was mich bisher von den Prima mobilis zurück gehalten
hatte. Ich lernte nunmehr den Grund der Bewegung der Himmel, der Sterne, der
Planeten und des Waffers kennen. Ich sähe ein, was die Erde mitten in der Luft
trägt, warum das Waffer rundum die Erde einen Zirkel macht, und warum sich alte
Dinge nach dem Mittelpunkte der Erde neigen, nur allein das Feuer nicht, so wie
auch Sonne, Mond und die Erde in der Höhe stehen. Ich sahe die Ursachen von
Donner, Blitz, Regen, Wind und Fluth ein, und wodurch alle Dinge ernähret
werden und sich vermehren."
„Ich würde, allergnädigster König von
allem diesem nicht so viel gesagt haben, wenn ich diese meine Erfahrung nicht
durch die That bestätigen, und mit lebendigen Werkzeugen belegen könnte; indem
mir nicht unbekannt ist, wie die, meisten Klugen und Gelehrten behaupten, daß.
der menschliche Verstand dergleichen Dinge nicht erforschen könne. Um nun zu
beweisen, daß der Grund des Primi mobilis mir hinlänglich bekannt ist. Habe ich
eine Kugel verfertiget, welche sich ewig bewegen, und nach des Himmels Lauf, alle 24 Stunden, oder so oft es nöthig seyn wird, ganz herum
drehen soll. Diese soll in tausend Jahren nicht einmahl stehen bleiben, sondern
die Jahre, Monache, Tage, Stunden, und denLauf der Sonne, des Mondes und aller
Planeten und Sterne klar und deutlich zeigen. Ich verfertige ferner noch andere
dergleichen Instrumente, die in ihrer gesetzten Zeit, zu welcher sie bestimmt
find, durch abHangende Gewichte, Feder, laufende Wasser, Wind und Feuer ewig
spielen müssen.Alle diese Maschinen können sich unaufhörlich fort bewegen, nur
daß es die Kosten nicht trägt, wenn sie eine große Gewalt ausüben solten.
„Ferner mache ich
mich anheischig zubeweisen, warum die Dinge aufwärts steigen, und warum die
Erde in der Mitte des Wassers und das Wasser in der Mitte der Luft gedragen
wird. Denn ich hänge in einem verschlossen Glase die Erde mitten in die Luft,
die Luft aber mitten in das Wasser, so daß eins das andere fest umschlossen
hält, und sich von selbst so rund bildet, als ein Ding in der Welt seyn kann.
Wie ich denn im Gegentheil auch die Luft mitten ins Wasser, als eine runde
Kugel fasse, und das Wasser in die Erde, so daß uns das andere umschließet,
gleichwie auch die Luft den Erdkreis umschließet. Ich mache eins so hoch als
tief, so tief als hoch; ich mache das Leichte schwer, das Schwere leicht. Ich
treibe das Wasser zehn, zwanzig, hundert und mehr Schuh in die Höhe. Auch die
Ursache des Windes ist mir bekannt, indem ich Instrumente
verfertige, die einen entsetzlichen Wind machen. Die Ebbe und Fluth zu
erklären, ven fertige ich ein Instrument, das ewig ab und zu stießt, und in Tag
und Nacht zweymahl steigt und fällt, auch den Lauf des Mondes, die Stunden und
andere Dinge mehr, auf das genaueste zeiget."
„Dieses Instrument, gnädigster König ist der
vollkommenste Beweis der Wahrheit meiner Versicherungen. Es ist ein Abkömmling
von dem ewig sich bewegenden Baume, eine Frucht der wahren Ertenntniß der
Elemente, und das Ziel aller Forscher und Untersucher der Natur. Ich bin auch
bereit, noch andere Proben darzulegen, in Hoffnung, daß viele durch selbige die
verborgenen Ursachen der Dinge sollen kennen lernen. Meine Experimente
beweisen, daß keine wahre Ertenntniß der Natur Statt findet, die nicht zugleich
die vollständige Gottheit, Weisheit und Allmacht des großen Gottes beweise,
daher ich auch nicht, wie wohl andere thun, viel Rühmens von ausserordentlichen
Dingen mache, noch mich hinter fremde und seltsame Nahmen verstecke. Meine
Kunst bestehet nicht bloß in Worten und Versicherungen, sondern ich erkläre
das, was ich verspreche, in der That, nehmlich die Ursache des Feuers und
seiner Wirkung, dann die Eigenschaft der übrigen Elemente, und was die Ursatche
der Kälte ist, ferner die Ursachen des Primi Mobilis, der Bewegung der Sonne
des Mondes, des Meeres und der Erde; ingleichen dieUrsachen des Donners und des
Blitzes, des Regens und des Windes, ja selbst des Wachsthums und der Vermehrung
aller Dinge; zweifele auch nicht, daß andere dadurch die Bahn finden werden,
welche mir so viele Mühe gekostet hat, da sie denn mit geringem Fleisse die
wunderbarsten Dinge an den Tag bringen werden. Denn ich bekenne vor Gott dem Lebendigen,
daß ich weder den Schriften der Alten, noch einiger menschlichen Hülfe etwas zu
danken habe, sondern daß ich alles durch eigene Versuche und durch mühsame
Erforschung der Elemente aus mir selbst erfunden habe. Wir haben auch keine
Spur, daß die Alten einige Wissenschaft von dergleichen Dingen gehabt, ob sie
gleich darnach gestrebet haben. Cicero schreibt von dem Archimedes, daß er
einen Spieß gemacht, welcher sich ewig nach dem Laufe des Himmels beweget habe;
allein es wäre durch den verderblichen Krieg so wohl der Meister als die
Maschine zu Grunde gegangen, womit denn zugleich der Beweis der Wahrheit
verlohren gegangen ist" u. s f. Denn es verdriesst mich, den Unsinn weiter
abzuschreiben.
Drebbel begleitete diesen Brief mit einer eigenen
Schrift, von seinem Primum mobili, welche auch nachmahls gedruckt worden. Wer
Geduld genug hat, den gedachten Brief ganz zu durchlesen, und nur wenige
mechanische und physische Kenntnisse besitzet, wird die Schrift, gerne
überschlagen.
Dieser Marktschreyer- Zettel that indessen seine Wirkung,
indem Jacob den Verfasser nicht allein günstig aufnahm, sondern ihm auch ein
Jahrgeld gab, und sich sehr oft mit ihm und seil nen Gaukelyen unterhielt.
Wenn der Marktschreyer
in dem obigen Briefe bey Gott betheuert, daß er nichts aus den Schriften
anderer entlehnet, noch ihnen etwas zu, danken habe, so war das eine der
derbsten Lügen, denn seine ganze Physik ist nichts anders als das alte
Emanations- System ; welches den menschlichen Verstand in Asien und Europa von
den frühesten Zeiten an bis auf den Aristoteles zum Besten gehabt hat, auch
nach ihm sehr oft wieder aufgewärmet worden, und ob gleich die christliche
Religion es nachmahls mit der Blasphemie und Gottesläugnung brandmarkte, doch
immer noch im Finstern, herum schleicht, und das Steckenpferd aller Schwärmer,
Mystiker, Quaker, Theosophisten, Pantheisten und selbst der Goldmacher ist.
Diesem Systeme zu Folge ist Gott von Ewigkeit her und wesentlich mit einer
subtilen Feuermaterie bekleidet gewesen, welche den Samen der gröbern
Körperwelt in sich enthielt, und aus welcher sich am Anfange der' Dinge die
ganze Körperwelt entwickelt hat, und nicht bloß diese, sondern auch die
Geisterwelt, denn auch die Geister und Seelen der Menschen sind Ausflüsse aus
dem göttlichen Wesen, mit welchem sie einmahl wieder vereiniget werden. Diese
von Gott ausgeflossene Seele, welche sich in der
Einbildungskraft am thätigsten erweiset, ist dem Quater und dem mystischen
Schwärmer sein inneres Licht, sein Christus in uns, weicht» er der irdischen
Seele, der Vernunft, und aller positiven Religion weit vorziehet. Die in allen
Körpern verbreitete und mit dem göttlichen Wesen unzertrennlich verbundene
Ur-Materie ist der Gott, welchen der Pantheist überall erblicket und verehret,
Drebbels göttliche Einheit. Aber eben diese Ur- Materie, welche die ersten
Bestandtheile aller Körper ausmacht, ist auch dem schwärmerischen Physiker und
dem Goldkocher die Quint-Essenz aller Dinge, der Stein der Weisen, die
Universal: Medicin, und was weiß ich, was sonst alles, denn da diese der Same
des edelsten in der Natur, und selbst des Lebens und der Bewegung ist, so kann
er, wenn er sie ein- mahl erwischet hat, damit nicht allein alles Metall in
Gold verwandeln, sondern auch alle Krankheiten heilen, alte zahnlose Mütter in
fünfzehnjährige Madchen verwandeln, und selbst dem Tode Trotz biethen. Da das
Gold der edelste und unzerstörbarste Körper ist, so ist auch diese Urmaterie,
dieser Theil des göttlichen Wesens, in demselben am häufigsten, reinsten und
vollkommensten befindlich. Daß Drebbels ganze Weisheit nichts anders als dieses
abgetriebene Steckenpferd der Vorwelt war, wollen wir sogleich sehen.
Er gab
noch während seines ersten AufentHaltes zwey kleine unbedeutende Schriften,
eine über die Natur und Eigenschaften der Elemente und
eine andere non der Quinta Essenz aller Dinge heraus, welche von Goldmachern
und andern Phantasten noch immer sehr hoch geschätzet werden, aber nichts
anders als die eben gedachten Grundsätze in einem dunkelen und verworrenen
Style enthalten. Nur eine Stelle zur Probe. Gleich die Schrift von den
Elementen fängt sich so an: „Alle Dinge haben ihren Anfang von Gott, und werden
auch in ihm ihr Ende nehmen. - Alle Dinge sind im Anfange vollkommen bey Gott
gewesen, und werden auch am Ende, wenn die Elemente schmelzen werden, wieder
vollkommen werden, und sich in Klarheit mit ihm vereinigen; denn es wird nichts
zu Grunde gehen, außer die Ungerechtigkeit." Was heißt das anders, als Gott
enthielt die Bestandtheile aller Dinge in sich, und wird sie auch, wenn die
Elemente, die gröbere Materie, welche zugleich der Sitz der Ungerechtigkeit
ist, vernichtet seyn wird, wieder an sich ziehen und mit sich vereinigen. Diese
Urmaterie oder dieser Gott ist ihm in der Folge, wie dem alten Perser, und den
meisten Asiatischen und alten Griechischen Schulen ein subtiles Feuer, aus
welchem die übrigen vier Elemente entstanden sind, deren Veräderungen er denn
nach dem Maße seiner Einsicht ten zu erklären sucht. In dem kleinen Aufsatze
über die Quint-Essenz kommen ähnliche Aeußerungen vor.
Was Drebbel in London gethan
oder erfunden, wird nicht gemeldet. Aber ohne Zweifel
machte er mit feinen physischen und optischen Erfindungen, besonders aber mit
seinem Perpetuum Mobile so vieles Geräusch, daß der Wind davon bis nach Prag
drang, wo sich damahls Kaiser Rudolph 2 aufhielt, der anfänglich ein guter
Regent war, aber aus Verdruß ein träger König, und ein seichter abergläubiger
Gelehrter ward. Da die Regierungsgeschäfte ihm zuwider waren, so legte er sich
dafür mit vielem Eifer auf die Chymie, Mathematik, Astronomie und allerley
mechanische Künste, und zog mehrere Männer an seinen Hof, ihn in seinem Hange
zu unterstützen. Nur Schade, daß die Wahl nicht allemahl mit der gehörigen
Klugheit angestellet ward, und außer einem de Brahe Kepler und Jessenius, auch
auf Drebbels und andere Marktschreyer fiel.
Genug Rudolph hatte von dem Wundermanne und seinem
Perpetuum Mobile gehöret, und glaubte vielleicht, daß sich dasselbe in den
Böhmischen Bergwerten mit Nutzen würde anwenden lassen. Er gab daher 1607
jemanden, den er eben in andern Angelegenheiten nach England schickte, Auftrag,
den Drebbel zu bewegen , daß er zu dem Kaiser nach
Prag kommen möchte *),
*) Ick sehe dieses aus einem Briefe Keplers an den Fürsten
August von Anhalt, von dem Jahr 1627, in den von Mich. Gottl. Hansch heraus
gegebenen Briefen desselben S. 393
hodie a S. Caes. Maj.
quondam in Angliam ablegari, qui inter alia Drublero etiam persuadere in
mandatis habet, ut ad S. Caes. Maj. Pragam se conferat.
De inventionibus ejus ita judico, earum usum haud
magnum fore in rebus metallicis, quod motum elementorum et elementatorum pro
fundamento substernit. Ad priorem quod attinet, pro certo et explorato habeat
serenitas tua, plus eo effici non posse , quam in
iudicio meo super hac re litteris consignato innuo. Nam
moveri esst pati, patitur, quod vincitur, vincitur, quod debilius, pondus ergo
minus a majori. Quare in omni casu potentia (Zugwasser) fortior sit
necesse est pondere minori (Bergwasser). Neque eum in
finem inventae sunt machinae hydraulicae, ut pondus producant vel augeant ubi
nullum pondus adest. Ex nihilo enim aliquid efficere solius Dei est reservatum, sed omni machinarum hic est scopus unicus,
ut duo pondera, trahens et tractum, apte conjungant, omniaque ita disponant ut
inde contintuus exfurgat motus. Summa igitur artium omnium perfectio in eo
consistit, ut totam potentiam aquae trahentis (Zugwassers), sine detrimento ad
aquam montanam (Bergwasser) dirigant, nullumque tempus feriando perdant,
minimamque aquae partem per se movendae machinae impendant. Hunc
qui assequitur scopum. artem in hoc genere ad
summum perduxit fastigium. Iam si Drublerus spiritus, unum vel decem poterit
conducere, qui nullius cibi et potus indigi aquam montis exhauriant, vel si,
creare poterit animam novam, quae instrumenta ejus sine ponderibus aliosque
motus elementares moveat, et in motu conservet; tunc mihi erit magnus Apollo. Nollem autem hac de re vel duorum tantum flonerorum cum
aliquo facere sponsionem.
Man vergleiche dieses Urtheil mit Drebbels Geschwätz
von dem Perpetuo Mobili, so wird man den gründlichen Mathematicum und den
unwissenden Marktschreier gewiss nicht mit einander verwechseln.
obgleich
Kepler und andere Kunstverständige dem Kaiser
vorgestellet haben mögen, daß sein Perpetuum Mobile seiner eigenen Beschreibung
nach dasjenige nicht sey, was man verlange, und was mit einigem Vortheile
angwendet werden könnte.
Drebbel ließ sich
nicht lange bitten, sondern kam nach Prag, ob ich gleich nicht finde, wie er
angestellt worden, oder was er in Prag gethan und geleistet hat. Nützliches hat
er gewiß weder gestiftet, noch angegeben, und es scheinet, daß er bloß durch
physische und mathematische Gaukeleyen Aussehen zu machen gesucht. Er muß es
sehr arg gemacht haben, wenn es an dem ist, daß er an dem damahls so
aufgeklärten Hofe Rudolphs 2 in den Verdacht der Ketzeren gekommen, und daher
in Verhaft genommen worden, und geraume Zeit darin zubringen müssen. Er schrieb
aus diesem Verhafte einen wehmütigen Brief an den Kaiser, und versprach
demselben Wunderdinge zu zeigen, wenn er seine Freyheit erhalten hätte. Unter
andern prahlte er von einem neu erfundenen musikalischen Instrumente, welches
ich lieber mit seinen eigenen Worten beschreiben will, um dem Windmacher nichts
zu vergeben. „Erstlich, sagte er, sollen die Vorhänge und Teppiche vor den
Clavicimbeln, so bald die Sonne scheint, sich von selbst eröffnen, da denn
diese die schönste Musik werden hören lassen. So bald aber die Sonne
untergehet, oder sich hinter eine Wolke verbirget, wird die Musik aufhören, und
die Vorhänge und Teppiche werden sich wieder von selbst schließen. Hierbey soll
noch ein Springbrunnen seyn, welcher allezeit von sich
selbst mit zwey Strömen springen wird; wenn aber die Sonne scheint, sollen
hundert und mehr Röhren springen. Neptun wird mit seinen Seegöttinnen und
Tritonen aus einer Kluft kommen und sich unter den Strahlen des Wassers
waschen; sobald sich aber die Sonne wieder verbirgt, sollen auch die Röhren
aufhören zu laufen, und Neptun wird sich ganz traurig wieder in seine Kluft
verbergen. Ueber dieß soll auch Phöbus aus den Wölken kommen und auf einem
Wagen mit vier Pferden sitzen und spielen. Die Pferde werden vermöge der
Bewegung ihrer Flügel in der Luft schweben und den Wagen fortziehen; ja es
sollen sich auch die Räder an dem Wagen in der Luft umdrehen und bewegen.
Sobald aber die Sonne aufhört zu scheinen wird sich Phöbus wieder unter die
Wolken verbergen. Hierbei soll ein Glas auf dem Altare Neptuns stehen, worin
alle 24 Stunden und ungefär 40 Minuten ein Wasser zur bestimmten Zeit zweymahl
auf und absteiget, so daß das auf- und absteigende Wasser alle Stunden und
Viertel auf das genaueste beobachte. Alle diese Bewegungen sollen von selbst
erfolgen, und zwar durch eine ewige Bewegung, wozu man niemahls helfen, oder
etwas daran machen darf."
Ich habe diesen Umstand und den dahin gehörigen Brief
bloß aus dem gleich zu Anfange gebachten Weltlaufe der Gelehrten entlehnet, wo
doch keine Quelle angegeben ist. Da Rudolph selbst nicht abergläubig war, und
täglich so viele aufgeklärte Männer um sich hatte, so
scheint es mir nicht wahrscheinlich, daß Drebbel als
ein Hexenmeister gefangen gesetzet werden. Vielleicht ließ der Kaiser ihn in
Verhaft nehmen, weil er die ihm geleisteten großen Versprechungen nicht
erfüllete, oder nicht erfüllen konnte. Doch dem sey wie ihm wolle, Drebbel kam wieder in Freyheit, und blieb, wie es
scheinet, nicht nur bis zu Rudolphs Tode 1612, sondern auch während der ganzen
Regierung des Kaisers Matthias in Prag, ob ich gleich nicht finde, aufweiche
Art, oder was seine Beschäftigung gewesen, Ueberhaupt ist sein ganzer
Aufenthalt in Böhmen in der Geschichte seines Lebens sehr dunkel. Merkwürdig
ist es allerdings, daß in den vielen Briefen, welche Kepler zwischen 1607 und
1620 von Prag aus schrieb, dieses Menschen, die oben gedachte Stelle
ausgenommen, auch nicht ein einziges Mahl gedacht wird, woraus die geringe
Achtung zu erhellen scheinet, worin er bey Vernünftigen gestanden.
Kaiser Matthias
starb 1619 und ihm folgte sein Vetter der Erzherzog Ferdinand, unter den
Kaisern der zweyte. Alle Lebensbeschreiber Drebbels versichern, daß er bey
diesem Kaiser in großem Ansehen gestanden, und von demselben nicht nur zum
Lehrmeister seines Prinzen, des nachmahligen Kaisers Ferdinand 3, sondern auch
zum Nath ernannt worden. Mir kommt dieses sehr unwahrscheinlich vor, besonders
wegen der bekannten intoleranten Gesinnung dieses Kaisers,
der ganz nach dem Einflüsse der Jesuiten handelte, es müßte sich denn Drebbel in Böhmen zur Römischen
Kirche bekannt haben, wovon doch nichts gesagt wird. Ueber dieß hatte Ferdinand
seine Hofhaltung zu Wien, Drebbel aber befand sich 1620 in Prag. Wäre er Lehrmeister des
Kaiserlichen Prinzen gewesen, so hätte er sich nothwendig in Wien aufhalten
müssen.
Doch dem sey wie ihm wolte, so genoß er dieses Glück
nicht lange, denn als der Churfürst Fridrich 5 von der Pfalz sich in dem eben
gedachten Jahre der Stadt Prag bemächtigte, und verschiedene Kaiserliche Räthe
in Verhaft nehmen ließ, so hatte auch Drebbel dieses
Schicksal. Ich weiß nicht, wie lange seine Gefangenschaft gedauert hat; allein
man versichert, daß er auf Vorsprache des Königes von England, der des
Churfürsten Schwiegervater war, wieder in Freyheit gesetzet worden, worauf er
sich nach London begab, die Leichtgläubigkeit des schwachen Königes noch ferner
zu nutzen. Da verschiedene sonst ernsthafte und scharfsichtige Schriftsteller,
und selbst Mathematiker, den Mann für besser halten, als er wirklich ist, so
kann ich nicht umhin, hier noch eine seiner Gaukeleyen mit seinen eigenen
Worten herzusetzen. Sie befindet sich in einem Briefe, den er um 1625 aus
London an Isebrant van Vietwiik nach Alkmar schrieb *),
und welcher in der Übersetzung aus dem Holländischen folgender Gestalt lautet.
„Ich
sitze, ohne jemand um mich zu haben, ganz allein in einem Zimmer, und verändere
erst meine Kleidung in Gegenwart aller Anwesenden, welche bey mir in dem Zimmer
sind. Bald darauf bekleide ich mich ganz und in einem Augenblicke mit einem
schwarzen seidenen Kleide. In einem Augenblicke bin ich wieder mit einem rothen
und grünen seidenen Kleide angethan, indem ich mich in alle nur mögliche Farben
verändern kann. Noch mehr, ich kann nicht allein die Farbe, sondern auch den
Zeug verändern, wie ich nur will, indem ich bald in Sammt und Seide, bald in
allerley Pelzwerk, bald in Gold- und Silberstoff erscheine. Bald glänze ich in
Königlicher Pracht mit Diamanten und Edelsteinen, bald erscheine ich wie ein
Bettler mit Lumpen bekleidet. Aller dieser Verwandlungen ungeachtet lege ich
mein Kleid nicht ab, sondern behalte es beiständig an.
*) Dieser Brief befindet sich zuerst ln Gottfr. Hegenitii Itinerario
Frisio- Hollandico der Ausg. Leiden, 1661, 12, und daraus in Swertit und in
Paul Colomesii Epistolis. deyn seiner Ausgabe der beyden Briefe Clementis an
die Corinthier, (London 1687.) woraus lhn auch lenzel in seinen monathl.
Unterred. 1697, s. 767 wieder hat abdrucken lassen. Doch stehet er in allen
diesen Schriften nur in der von Hegenitio gemachten lateinischen
Ueberersetzung.
Ueber dieß verwandle ich mich unvermuthet in Men natürlichen Baum, der die
Blätter bewegt, als wenn sie von dem Winde bewegt würden. Ja ich kann mich nach
Gefallen, in die Gestalt eines jeden Baumes verwandeln. Ferner verwandle ich
mich in allerley Thiere, in welche ich nur will, bald in eine Löwen, bald in
einen Bären, bald in ein Pferd eine Kuh, u. s. f. Ich stelle ferner vor, daß
sich die Erde öffnet, und Geister aus derselben hervor kommen, erst in Gestalt
einer Wolke, die sich aber nach meinem Befehle in eine jede Gestalt verwandelt,
z. B. in die Gestalt Alexander des Großen, oder einer jeden andern Person. Ich
mache ferner, daß Riesen 20 bis 30 Schuh hoch aus der Erde hervorsteigen,
welche ihre Glieder bewegen, als wenn sie lebten. Alles diesee bewerkstellige
ich durch eine neue Erfindung, welche ich durch Hülfe der Optik, gemacht
habe." u.s.f.
Wenn man einige marktschreyerische Vergrößerungen
abrechnet, so ist jedem, der in den optischen Kunstgriffen nicht ganz fremd
ist, hinlänglich bekannt, daß dergleichen Täuschungen sehr leicht sind, und
auch zu seiner Zeit nicht mehr so unbekannt waren; wenigstens würde kein von
Brahe oder Kepler so vieles Aufhebens davon gemacht haben. Hierzu kommt noch,
daß niemand weiß, daß Drebbel dieses Kunststück jemahls aufgeführet habe.
Leuwenhonk erzählt dem Verfasser des Weltlaufs der Gelehrten zu Hamburg, daß sein Vater den Windmacher so wohl in Holland als
in London noch sehr gut gekannt habe, daß Man nirgends viel auf ihn gehalten,
und daß er in England in sehr mittelmäßigen Umständen gelebt habe; welches
zugleich die gleich anfangs gedachte Nachricht von seinem großen Vermögen sehr
verdächtig macht. Bey dem allen besaß er, wie alle Charlatans seiner Art einen
unerträglichen Stolz. Er hatte eine Tochter, welche er mehrmals hätte
verheirathen tonnen; weil aber keiner ihrer Fecher ihm vornehm oder reich genug
war, so lies er sie veralten, bis sich ein gewisser Doctor Kufiaer über sie
erbarmte, und sie heirachete, der 1662 noch auf dem Dorfe Stratfordbury bey
London lebte.
Dieser Kufiaer, welchen Monconnys *) in dem gedachten
Jahre sprach, ihn aber irrig Keiffer nennet, muß ein eben so großer Charlatan
gewesen seyn, als sein Schwiegervater, indem er nicht allein Gold kochte,
sondern auch Wunderdinge von Drebbels Erfindungen erzählte. So hatte er einen
Spiritus, der die Luft in ihrer Reinigkeit erhielt, und zur Respiration
geschickt machte. Er konnte mit einer Täucher glocke unter das Wasser fahren,
und so lange er nur selbst wollte, unter demselben bleiben; indem er eine
Quint- Essenz aus der Luft bereitete, welche den Mangel der obern Luft unter
der Glocke *) Voyages de
Moncennys, s 40.
ersetzte. Er hatte ein Schiff gebauet, mit welchem man unter dem Wasser-
fahren konnte. Und doch hatte Kuftaer diese und andere schöne Erfindungen mit
dem Drebbel absterben lassen. Aber dafür konnte er andere Wunderdinge in das
Wert richten. Er hatte ein kleines Instrument verfertiget, womit man das größte
Kriegesschiff in einem Augenblicke in die Luft sprengen konnte. Er konnte
Seewasser mit sehr leichter Mühe suß und trinkbar machen. Er hatte einen
kleinen Ofen von zwei Fuss ins Gevierte, in welchem man mit sechs Dreijer
Kohlen in 24 Stunden 280 Pfund Brot backen konnte. Monconnys setzt hinzu, der
Herzog von York habe ihm beyde Geheimnisse nachmahls abgekauft, und wolle sie
ins Große anwenden lassen; allein beyde Erfindungen müssen Wind gewesen sein,
venigstens würde man im Gegentheile nicht noch jetzt die Kunst suchen, das
Seewasser trinkbar zu machen. Becher versichert noch, daß dieser Kuflaer die
Scharlachfarbe erfunden habe, aber das ist vermutlich auch ein Vorgeben von
eben dem Schrote und Korne, als das von dem Seewasser. Wenigstens hat Kuflaer
gegen den Monconnys nichts von dieser Erfindung gedacht, ob er gleich diesem
leichtglaubligen Manne alles aufheftete, was ihm nur aufzuheften war. Doch ich
kehre wieder zu Drebbeln zurück.
Viele, selbst
mathematische Schriftsteller Iegen ihm die Erfindung des Teleskops bey. Ob es
nun gleich nichts Außerordentliches wäre, auch nicht ohne Beyspiel ist, daß ein
Charlatan, der ohne Grundsatze auf Gerathewohl künstelt und probiret, einmal
auf eine nützliche Entdeckung geräth: so gebühret doch diese Ehre dem Drebbel
keines Weges. Denn zu geschweigen, daß weder er noch sein Schwiegersohn, von
dieser Erfindung das geringste gedenken, welches sie bey ihrer Ruhmredigkeit
gewiß nicht würden unterlassen haben, so hat Petrus Borellus *) auf eine
überzeugende Art, und mit Zeugnissen des Magistrates zu Middelburg in Seeland
erwiesen, daß Zacharias Johnsen, ein Glasschleifer oder Brillenmacher in der
gedachten Stadt, dieses Instrument 1590 erfunden habe, zu welcher Zeit Drebbel
noch nicht das Jünglingsalter angetreten hatte. Gleich darauf verbesserten
Johann Lippershey und Jacob Metius, beyde Glasschleifer des Johnsens neu
erfundenes Instrument. Eben so ungegründet ist es, wenn andere ihn für den
Erfinder des Barometers halten.
*) Im Tr. de
vero Telescopii inventore Haag 1655, 4.
Drebbel starb endlich zu Londen in einem Alter von 62 Jahren,
und hinterließ ein paar Unbedeutende Schriftchen, welche durch ihren Styl den
ungelehrten Charlathan verrathen. Es sind:
Ein kleine Schrift von dem Primo Mobile
in Holländischer Sprache, durch welche er sich dem Könige Jacob I in England
empfahl. Ich habe sie nirgends angeführet gefunden; allein aus der Zuschrift
Pet. Schagens, welche zu Alkmaer im December 1607 {1} unterzeichnet ist, und
welche sich bey der folgenden Schrift befindet, erhellet unläugbar, daß Schagen
sie um die gedachte Zeit in Holland herausgegeben habe.
Von der Natur und Eigenschaft der
Elementen, und vön der Quint-Essenz, zwey eben so alberne Produkte welche fast
um eben die Zeit in Holländischer Sprache müssen seyn gedruckt worden. Weil sie
aber in derselben in Deutschland unbekannt geblieben waren, so brachte Johann
Morsius *), ein eben so unwissender Abenteurer sie mit nach Hamburg, wo Petrus
Lauremberg sie in das Lateinische übersetzte, und sie unter dem Titel: Tractatus
duo l. de natura elementorum, II. de Quinta essentia, zu Hamburg, 1621 in 12
{7} heraus gab, worauf sie in Genf, 1628 12 {9} und in Frankfurt {11} in eben
demselben Jahre und Formate wieder nachgedruckt wurden. Man hat eine
Französiche Uebersetzung unter dem Titel: Divers traitez de la philosophie
naturelle, savoir la Turbe des Philosophes delaissée de Bernard Trevisan, les
deux traitez de Corn. Drebbel, Paris, 1672 8 {13}; ingleichen eine Deutsche,
Frankfurt am Main 1715, 8 {19} und Leipzig, 1723, 8 {20}.
*) Johann
Morsius war aus einer patricischen familie in Hamburg, wo er 1593 gebobren war,
und sich anfänglich mit gutem Erfolge der alten Litteratur widmete, aber sehr
bald auf die Alchemie gerieth, und auf dieselbe in der Welt herum reisete, und
sich besonders lange bey Dribbeln aufhielt. Als er auf diese Art sein Vermögen
verschwendet hatte, ließen seine Verwandten ihn in das Tollhaus setzen, in
welchem er vier Jahre zubringen mußte, bis er endlich auf des Königes von
Dänemark Fürsprache wieder in Freyheit gesetzet ward. Er hat sehr viel
geschrieben. S. von ihm Mollers Cimbriam litter.